Annäherung an das Schaffen von Valerie Asiimwe Amani

Ein zentrales Thema von Valerie Asiimwe Amani ist, wie wir inmitten von Realitäten der Vergangenheit und Gegenwart weiter existieren. Die tansanische Künstlerin und Autorin ist 1991 in Dar es Salaam geboren und lebt heute in Grossbritannien.

Wenn Valerie Asiimwe Amani mit verschiedenen Medien arbeitet, setzt sie sich künstlerisch mit den Materialien und dem Ergebnis auseinander und versteht dieses Schaffen auch in einem metaphysischen Sinn.

Gibt es ein Leitthema?
Ich interessiere mich für die Ästhetik der Wahrheit. Also dafür, wie die Wahrheit sich durch Glaubenssysteme subjektiv rekonstruieren und regenerieren kann. Und dann, welche Auswirkungen diese Systeme auf virtuelle und physische Körper innerhalb und ausserhalb der Gemeinschaft haben. Kurz: wie wir inmitten von Realitäten der Vergangenheit und Gegenwart weiter existieren.

Welche Quellen liefern Impulse und Inspiration?
Meine Arbeit ist oft geprägt davon, wie der Austausch von Bildern und die Sprache unsere Wahrnehmung voneinander und von der Realität verändert haben. Ich beziehe oft Folklore, Geschichte und Konversation in meine Arbeit ein und werde dann von der Gegenerzählung angetrieben. Ich betrachte die Implikationen von Sprache, Fehlübersetzungen und die Komplexität der Existenz in der Vielfalt – was in den Rissen existiert, das Ungesagte und Angedeutete, das unser Gefühl der Zugehörigkeit formt.

Der Kontext, indem das jüngste Werke von Valerie Asiimwe Amani steht, reicht bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück.
Ja, mein jüngstes Werk nimmt Bezug auf Ereignisse, die in den frühen 1900-er-Jahren ihren Anfang nahmen. Zu dieser Zeit behauptete ein Heiler namens Kinjikitile, er sei 24 Stunden lang in Wasser getaucht worden und dem Hongo, einem Schlangengeist, begegnet. Der Heiler soll völlig trocken aus dem Wasser aufgetaucht sein und im Besitz einer speziellen «Wassermedizin» namens Maji Dawa, die Gewehrkugeln in Wasser verwandelt. Die Nachricht von dieser «Wassermedizin» verbreitete sich schnell unter den Stämmen im Norden Tansanias. Maji Dawa führte die zerstrittenen ethnischen Gruppen der Einheimischen zusammen und mobilisierte ihren Widerstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Eine blutige Rebellion begann. Der Maji-Maji-Aufstand dauerte von 1905 bis 1907 und kostete Hunderttausende Afrikaner das Leben, aber Kinjikitile und der Maji-Maji-Krieg wurden Eckpfeiler des Nationalismus in Ostafrika. Das inspirierte später eine Frau namens Alice Auma dazu, ihre eigenen Vorstellungen von magischen Kriegstaktiken zu entwickeln und Dorfbewohner davon zu überzeugen, eine Rebellenarmee in Uganda zu gründen. Diese glaubten, dass sie Steine in Granaten verwandeln könnten und dass das Anrufen von James Bond während der Schlacht ihnen zusätzliche Kraft verleihen würde. 

Zusammengefasst: Meine Arbeiten nutzen historische Ereignisse als Ausgangspunkt und sind Teil einer Werkgruppe mit dem Titel Maji na Roho, «Wasser und Geist». Erforscht werden die Beziehung zwischen Krieg und Magie, Mythos und Übernatürlichem. Die Werke reflektieren die Glaubenssysteme, die sich entwickeln, wenn wir mit extremer Verwundbarkeit konfrontiert sind. Einbezogen werden ausserdem Konzepte, die sich damit befassen, wie sich unsere Körper in einem ständigen Zustand des Wiederaufbaus, der Reparatur oder der Wiedergeburt befinden.

Bilder von Valerie Asiimwe Amani in der Forster Gallery

PALMARÈS

Valerie Asiimwe Amani hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und Mode und ihren MFA an der Ruskin School of Art der Oxford University erworben. 2024 beginnt sie ihre Doktorarbeit. Sie ist Empfängerin des Vivien-Leigh-Preises 2021 für eine Arbeit auf Papier, die zum Erwerb des Stücks durch das Ashmolean Museum führte. Sie stand 2022 auf der Shortlist für den Henrike Grohs Award und den Dentons Art Prize.